Am 21.7.2019 von 14.00 – 16.00 Uhr laden der Isarlust e.V., ein breites Bündnis von Vertreter*innen von Umwelt-, Mobilitäts- und Kulturorganisationen und zahlreichen Kultureinrichtungen an der Isar zum Sternflanieren für die #AutofreieIsar. Von 29 Startpunkten rechts- und links der Isar spazieren die Münchner*innen von den schönsten Stadtviertelplätzen auf das sonst vom Autoverkehr weitgehend entwertete Innenstadtufer der Isar („Isarparallele“) und treffen sich schließlich auf der Ludwigsbrücke zu einem Kunsthappening mit indischen Holifarben, bei dem auf der Ludwigsbrücke symbolisch der öffentliche Raum zurückgewonnen wird.
Die bunte Demonstration unter dem Motto #AutofreieIsar – Wir Bürger*innen machen das jetzt selbst ist Auftakt zu einer Kampagne, die den am 15.3.2020 neu zu wählenden Oberbürgermeister*in, Stadträtinnen und Stadträte dafür begeistern soll, auf 4,5 Kilometer Länge die jetztigen 4-6 spurigen Autostraßen (weitgehend) in öffentliche Räume mit Stadtgrün, Aufenthaltsqualität, großzügigen Fußwegen und amtlichen Radwegen umzuwandeln (helblau im Plan) und so auch die bestehenden (aufgrund des Lärm weitgehend unnutzbaren) öffentlichen Räume (dunkelblau im Plan) wieder lebenswert zu machen bzw. die Verbindungen zwischen diesen wieder genießbar zu machen.
Ziel: eine (weitgehend) #AutofreieIsar ab 2022
Seit vielen Jahren setzt sich der Isarlust e.V. für mehr Raum für Menschen und den gleichzeitigen Schutz der Natur und Landschaft entlang der Isar ein. In unserer stark wachsenden Stadt müssen zügig neue nutzbare öffentliche Räume entstehen, auch und gerade auf Kosten von Autoverkehrsflächen innerhalb des Mittleren Rings. Die #FridaysForFuture-Bewebung gibt uns zudem den Mut eine Nummer größer, mutiger und schneller zu denken. Ziel ist es innerhalb weniger Jahre die Iffland-, Widenmayer-, Steinsdorf-, Erhardt-, Wittelsbacher-, Isartal- und Schäftlarnstraße für den Durchgangsautoverkehr unattraktiv zu machen und gleichzeitig Anwohner- und Anliegerverkehre sowie zwingend notwendige Fahrten (z.B. von Bussen, Trambahnen, aber auch Schwerbehinderten und notwendigen Lieferfahrten) weiterhin zu ermöglichen. Hinzu sollen „Stichfussgängerboulevards“ z.B. vom St.-Anna-Platz oder Maria-Hilf-Platz an die Isar kommen, die nur von Anwohner*innen und Anlieger*innen mit dem PKW gekreuzt werden können.
Vorbild ist die Altstadt innerhalb des Altstadtrings, in der es nur noch einspurige, schlaufenförmige Einbahnstraßen für den allernötigsten PKW-Verkehr gibt. Anlaß ist das „Verkehrsgutachten Stadt und Fluss“ des städtischen Planungsreferats, dass entgegen der Intention des Münchner Stadtrats, keine Reduktion des Autoverkehrs innerhalb des Mittleren Rings für möglich hält und somit irrtümlicher Weise behauptet, dass die Umwidmung von Autospuren an der Isar zu Verdrängungseffekten von Durchgangsverkehr in die Stadtviertel an der Isar führen wird. Selbstverständlich ist dies nicht der Fall, wenn der Autoverkehr insgesamt abnimmt.
Vorbild ist die „autogerechte Stadt“ vor genau 50 Jahren – bzw. deren Verhinderung
Wir haben ein Vorbild: die Gründer des Münchner (Bau-)Forums e.V., von denen leider nur noch Karl Klühspieß am Leben ist. Den fünf Aktivisten gelang es 1969 – vor genau 50 Jahren – eine bereits vom Münchner Stadtrat beschlossene 8-10 spurige, kreuzungsfreie Stadtautobahn zu verhindern, für die sämtliche Bäume am Westufer der Isar zwischen Mittlerem Ring im Norden und Mittlerem Ring im Süden gefällt werden sollten und die sogar zur Hälfte die Isar auf Betonständern überragt hätte.
Warum sollte es nicht andersherum auch gehen: die Bürger*innen als Ermöglicher, als Inspiratoren für die Politik und nicht als Verhinderer. Die Bürger*innen schlagen in denen kommenden Monaten einen mutigen Entwurf vor, den der Stadtrat mit einfacher Mehrheit beschließen kann. Hierzu finden im Herbst Gespräche mit den Mitgliedern der örtlichen Bezirksausschüsse aber auch anderen Multiplikator*innen aus den Vierteln rechts und links der Isar statt.
Neue Planungskultur: statt „Gutachtenorgien“ und „Verschieberitis“, Experimente, Evaluationen und gemeinsames Weiterentwickeln
In der Verkehrspolitik mit seiner Komplexität gilt ganz besonders, was auch in vielen anderen Planungsbereichen gilt. Mit der richtigen Fragestellung, den richtigen Eingangsgrößen und dem richtigen Gutachter, lässt sich alles belegen (und auch sein Gegenteil). Wir schlagen darum eine neue Planungskultur vor. Mit großflächigen Experimenten, sollen zunächst an den Wochenenden, Autostraßen zu öffentlichen Räumen für Fußgänger*innen und Radler*innen werden – und natürlich auch zu lebenswerten Plätzen für den Aufenthalt, Kommunikation und Begegnung. Begleitet werden diese temporären Experimente mit Evaluationen. So können mögliche (ggfs. auch negative) Nebeneffekte dokumentiert werden und beim nächsten „Experiment“ und schließlich in der entgültigen Planung darauf reagiert werden.
Für 2020 ist ein 4.500 Meter langes und 20 Meter breites soziales Kunstprojekt geplant
Diese neue Planungskultur wollen wir 2020 mit den Mitteln der Kunst vorführen – voraussichtlich auch dann mit indischen Holifarben nur auf der gesamten Strecke von 4.500 Metern und 20-50 Metern breite. Mit diesem abwaschbaren Pulver, das wir übrigens aus zertifiziert ökologischer, deutscher Herstellung beziehen, lassen sich schnell von tausenden Teilnehmer*innen öffentliche Räume „markieren“. So wird der öffentliche Raum erlebbar, den die (weitgehend) #AutofreieIsar freisetzen wird.